Warum ist eine QMS-Zertifizierung sinnvoll?

Welche günstigeren Optionen gibt es für KMUs?

Jürgen Behrens, Vorstandsmitglied des RKW RLP,  beantwortet diese Fragen.

 

Erklären Sie uns zunächst möglichst einfach: Was versteht man unter einem QM-System?

Ein Qualitätsmanagementsystem erfasst die Aufbau- und Ablauforganisation eines Unternehmens, unabhängig von Größe oder Branche. Es ist eine Methode der Unternehmensführung.

Die Norm DIN EN ISO 9001 beschreibt folgende Grundsätze eines QM-Systems:

  • Kundenorientierung
  • Führung
  • Einbeziehung von Personen
  • prozessorientierter Ansatz
  • Verbesserung
  • Faktengestützte Entscheidungsfindung
  • Beziehungsmanagement

 

Und wofür ist ein QMS sinnvoll? Was sind die Vorteile?

Wenn man ein QMS einführt und nicht das Zertifikat, sondern den Weg dorthin als Ziel versteht, führt es dazu, die Aufbauorganisation und die Ablauforganisation auf den Prüfstand zu stellen.

Sind die richtigen Mitarbeiter an den richtigen Stellen und haben sie im richtigen Moment die richtigen Informationen?

Dieses zu organisieren und sicherzustellen, ist das oberste Ziel. Wenn das System wirklich funktioniert, führt es zu mehr Zufriedenheit bei Mitarbeitern und Kunden. Termine und Versprechen werden eingehalten, es gibt weniger Reklamationen, Nacharbeiten und damit weniger Kosten. Alles in allem sollten vier Ziele im Mittelpunkt stehen:

  1. Begeisterte Mitarbeiter
  2. Reibungslose, professionell organisierte und trotzdem flexible Prozesse mit herausragenden Produkten/Dienstleistungen
  3. Begeisterte Kunden
  4. Angemessene Gewinne und Liquidität

Das oberste Ziel eines Unternehmens ist eben nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Maximierung des Nutzens für die Kunden!!

 

Über das RKW CERT gibt es die Möglichkeit, ein QM-System zu zertifizieren. RKW CERT ist nicht bei der DAkkS (Deutsche Akkreditierungsstelle) akkreditiert. Für wen ist es dann sinnvoll, sich ans RKW zu wenden?

Für alle Unternehmen, die eine ISO-Zertifizierung haben oder anstreben und nicht von ihren Kunden gezwungen werden, ein akkreditiertes Zertifizierungsunternehmen zu beauftragen.

Wir arbeiten wie die akkreditierten Zertifizierungsstellen nach der DIN EN ISO/IEC 17021:2011, halten uns jedoch nicht an bürokratische Auflagen der DAkkS.

 

Was hat Sie dazu gebracht, auf die Akkreditierung zu verzichten? Gibt es Hürden oder Nachteile bei einem akkreditierten Verfahren – gerade für KMU?

Zunächst sind die Kosten für die Akkreditierung sehr hoch und für uns nicht nachvollziehbar. Noch wichtiger jedoch: Die DAkkS schreibt in einem Katalog vor, wie viele Tage ein Auditor vor Ort sein muss, bzw. wie lange das Audit zu dauern hat.

Beispiel: Bei Unternehmen mit 16-25 Mitarbeitern müssen 3 Tage Zertifizierungsaudit durchgeführt werden. Bei uns dauert das nur 1,5 Tage und wir haben dennoch genügend Stichproben, um die Qualitätsfähigkeit des Unternehmens und die Funktionsfähigkeit des QMS zu beurteilen. Weitere Prüfungstage verursachen aus unserer Sicht nur unnötige Kosten.

Bei einem Unternehmen mit 50 Mitarbeitern schreibt die DAkkS 5 Tage Z-Audit vor, wir brauchen 2!

Ein weiterer Stein des Anstoßes ist aus unserer Sicht die starke Überbewertung der Branchenkenntnis. Sogenannte „Scopes“ lassen den Einsatz von Auditoren nur in bestimmten Branchen zu. Dies mag in speziellen Bereichen angemessen erscheinen, gerade in den kleinen und mittleren Unternehmen, von denen Rheinland-Pfalz geprägt ist, kann dies jedoch eher kontraproduktiv sein. Laut Mittelstandsbericht 2019 des Wirtschaftsministeriums sind 97,5 % aller Unternehmen in Rheinland-Pfalz kleiner als 50 Mitarbeiter.

In der Praxis stellen wir oft fest, dass Branchenkenner unter den Auditoren dann aus großen oder sehr großen Unternehmen kommen und einfach nicht verstehen, wie kleine Unternehmen „ticken“. Wir halten die Praxiserfahrung unserer Auditoren und die Fähigkeit von einer abstrakten Norm auf die Abläufe und Prozesse kleiner Unternehmen zu schließen für viel wichtiger als die vermeintliche „Fach-Kompetenz“, die angeblich durch die Scopes sichergestellt wird.

 

Die Zertifizierung durch das RKW CERT erfolgt nach der Norm ISO 9001. Was ist die ISO 9001?

Eine Internationale Norm, mit deren Hilfe sogenannte dritte Parteien (Zertifizierungs-Unternehmen) die Qualitätsfähigkeit eines Unternehmens prüfen können. Die Unternehmen waren es in den 80er Jahren leid, mit eigenen Auditoren laufend die Zulieferer zu überprüfen. Für die Lieferanten war die Schwierigkeit, dass verschiedene Unternehmen/Kunden unterschiedliche Systeme gefordert haben. Ein Unternehmen aus Langenlonsheim hatte deshalb acht verschiedene Handbücher. Für jeden Kunden ein spezifisches. Die Norm hat dafür gesorgt, dass dieser Auditoren-Tourismus deutlich reduziert werden konnte.

 

Welche Vorteile haben die Unternehmen bei einer QM-Zertifizierung über das RKW?

Ein klarer Vorteil – neben der Praxisnähe unserer Auditoren – ist die Kostenersparnis. Bei einem Tagessatz von 1.600 € kostet die Zertifizierung über die drei Jahre Laufzeit für ein Unternehmen mit 50 Mitarbeitern bei einem akkreditierten Zertifizierer insgesamt 14.400 €, beim RKW CERT 6.650 €.

 

Wie sieht das Verfahren in der Praxis aus, wie ist der Ablauf einer Zertifizierung?

Das ist Standard: Vertragsabschluss, je nach Reifegrad kann ein Vor-Audit vorgeschaltet werden. Zunächst erfolgt eine Dokumentenprüfung, um festzustellen, ob alle geforderten dokumentierten Informationen vorliegen. Dann erfolgt die Terminvereinbarung, ein Auditplan wird erstellt, dem Themen, Termine und Personen zu entnehmen sind. Das Audit selbst vor Ort besteht aus Interviews verschiedener Personen (außer bei 1 Mann-Unternehmen 😊). Es werden Stichproben eingesehen, um verifizieren zu können, ob Dokumentation, verbale Beschreibungen und der Ablauf identisch sind.

 

Können Sie Unternehmen bestimmte Bedenken vor dem Zertifizierungsverfahren nehmen? Was passiert z. B., wenn beim Audit eine Abweichung von der Norm auftritt?

Das kommt auf die Schwere der Abweichung an. In jedem Fall wird ein Abweichungsbericht geschrieben, das Unternehmen legt eine Korrekturmaßnahme fest und der Auditor überprüft diese spätestens beim Überwachungsaudit. In schwerwiegenden Fällen spricht man von Hauptabweichungen. Diese können zum Abbruch des Audits führen.

Deshalb bietet sich unter Umständen an, zunächst ein Vor-Audit vornehmen zu lassen, um sicherzustellen, dass keine Hauptabweichungen zu erwarten sind.

 

Worauf legen Sie Wert in der Zusammenarbeit mit den Unternehmen? Und wen kann ich bei Interesse an einer solchen Zusammenarbeit kontaktieren?

Wichtig sind Offenheit, Ehrlichkeit, Integrität und das von beiden Seiten. Interessierte Unternehmen können sich gerne direkt an mich wenden.

 

Haben Sie einen konkreten Ratschlag für Unternehmen, die sich auf die Zertifizierung vorbereiten möchten?

Sprechen Sie mit Kollegen, befreundeten Unternehmen und fragen Sie nach dortigen Erfahrungen. Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich beim RKW Rheinland-Pfalz. Wir sind für Sie da. Unsere registrierten und zertifizierten Berater können Sie unterstützen.